VOLLSTRECKUNG DEUTSCHER TITEL IN FRANKREICH
Zwangsvollstreckung im Parteibetrieb. Durch den ständigen wirtschaftlichen Austausch zwischen Deutschland und Frankreich kommt es regelmäßig zu Konstellationen, in welchen ein Schuldner mit Sitz und/ oder Vermögen in Frankreich nicht an seinen Gläubiger leistet, obwohl dieser in Deutschland einen Titel gegen den Schuldner erlangt hat.
Die Zwangsvollstreckung in Frankreich unterscheidet sich letztlich nicht wesentlich von der in Deutschland. Eine Besonderheit liegt jedoch darin, dass man in Frankreich grundsätzlich nicht das Vollstreckungsgericht bemühen muss, sondern selbst einen Gerichtsvollzieher – den man sich unter den meist sehr zahlreichen örtlich zuständigen Gerichtsvollziehern wählen kann – beauftragt und diesem auch Anweisungen hinsichtlich der Zwangsvollstreckung erteilt.
Mit dem Inkrafttreten der EuGVVO wurde das Exequaturverfahren in der EU abgeschafft, und zwar für Urteile, die in Verfahren ergangen sind, die ab dem 10.01.2015 eingeleitet worden sind. Seitdem werden Entscheidungen i.S.d. Art. 2 EuGVVO in den anderen Mitgliedstaaten gem. Art. 36 EuGVVO anerkannt und sind in diesen gleichermaßen vollstreckbar. Deutsche Titel werden mithin in Frankreich ipso iure anerkannt. Zur Geltendmachung des deutschen Titels in Frankreich
muss eine vollstreckbare deutsche Ausfertigung vorliegen, sowie eine vom Ursprungsgericht ausgestellte Bescheinigung gem. der Anlage I der EuGVVO.
1. Beauftragung eines französischen Gerichtsvollziehers
Der erste Schritt zur Vollstreckung eines deutschen Titels in Frankreich ist die Beauftragung eines für die Vollstreckung örtlich zuständigen französischen Gerichtsvollziehers (sog. huissier de justice bzw. seit dem 1.7.2022 ein sog. commissaire
de justice).
Die Anrufung eines französischen Gerichts bzw. die Einholung einer richterlichen Genehmigung ist für die meisten Zwangsvollstreckungsmaßnahmen nicht erforderlich.
2. Ermittlung der Vermögenswerte des Schuldners
Zur Ermittlung der in Frankreich belegenen Vermögenswerte des Schuldners ist es französischen Gerichtsvollziehern möglich, eine Vielzahl von Datenbanken einzusehen bzw. Anfragen bei Behörden vorzunehmen, z.B: Datenbank über Bankkonten, Datenbank über die in Frankreich zugelassenen Kraftfahrzeuge, Grundbuchamt.
3. Die verschiedenen Maßnahmen
Nachdem der französische Gerichtsvollzieher die erforderlichen Informationen eingeholt hat, obliegt es dem beauftragenden Gläubiger, dem Gerichtsvollzieher einen konkreten Vollstreckungsauftrag zu erteilen. Dabei kommen folgende Maßnahmen in Betracht: Pfändung von Bankkonten, Sachpfändung, Drittschuldnerpfändungen, Pfändung des Arbeitslohns und/oder Immobiliarpfändung.
Die Gerichtsvollzieherkosten hat der Gläubiger auszulegen. Diese Kosten sind – abgesehen vom Erfolgshonorar des Gerichtsvollziehers –erstattungsfähig und werden gleichzeitig aus dem Schuldnervermögen vom Gerichtsvollzieher beigetrieben.
4. Schlussbemerkung
Die Vollstreckung deutscher Titel in Frankreich ist aufgrund der EuGVVO deutlich vereinfacht worden. Das Spektrum an möglichen Vollstreckungsmaßnahmen ist in Frankreich vielfältig. Die Wahl der effektivsten Maßnahme sowie die konkrete Beauftragung und Abstimmung mit dem Gerichtsvollzieher können aber dennoch ein nicht unerhebliches Hindernis darstellen – auch aufgrund sprachlicher Hürden. Die Zuziehung eines in Frankreich ansässigen Anwalts ist daher unbedingt zu empfehlen.