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KEINE GEWINNVERLAGERUNG DURCH DIE KOSTENLOSE ÜBERTRAGUNG DER KUNDEN EINER FRANZÖSISCHEN NIEDERLASSUNG AUF EINE AUSLÄNDISCHE GESELLSCHAFT

Eine interessante Entscheidung des obersten Verwaltungsgerichtes („Conseil d’Etat“) vom 21. Dezember 2022

2022 zugrunde: Eine englische Gesellschaft übernahm in 2009 ein dänisches Unternehmen, dessen Anteile sie bereits in 2005 erworben hatte. Die dänische Gesellschaft besaß eine unselbständige Niederlassung („succursale“) in Frankreich. Aufgrund einer steuerlichen Betriebsprüfung der französischen Niederlassung über die Geschäftsjahre 2009 und 2010 ging die Finanzverwaltung davon aus, dass die Niederlassung ohne Entgelt ihre aus der in Frankreich ausgeübten Versicherungsaktivität stammenden Kunden an die englische Gesellschaft abgetreten hatte.

Die Finanzverwaltung betrachtete diesen Vorgang als eine Gewinnverlagerung im Sinne von Art. 57 des „CGI“ („Code général des impôts“, franz. Steuergesetzbuch). Sowohl das Verwaltungsgericht von Nizza als auch das Berufungsgericht von Marseille hatten die Klage der Finanzverwaltung abgewiesen.

Art. 57 des „CGI“ begründet die Vermutung einer indirekten Gewinnverlagerung, soweit die Finanzverwaltung dem Steuerpflichtigen das Bestehen eines Abhängigkeitsverhältnisses und einer Praxis hinsichtlich der Behandlung von Zukunftserwartungen nachweisen kann. Zur Widerlegung dieser Vermutung muss das in Frankreich steuerpflichtige Unternehmen beweisen, dass der eventuellen Vorteilsgewährung eine Gegenleistung gegenüberstand. Diesen Nachweis muss auch eine nichtselbständige Niederlassung, die keine eigene Rechtsperson darstellt, erbringen. Die unentgeltliche Abtretung eines Kundenstammes, der der Aktivität einer französischen Niederlassung zuzuordnen ist, an eine ausländische Gesellschaft kann grundsätzlich die Rechtsfolgen von Art. 57 des „CGI“ auslösen.

Der „Conseil d’Etat“ lehnte in der obigen Entscheidung eine Gewinnverlagerung gemäß Art. 57 ab. Unter Zugrundelegung der Entscheidung des Berufungsgerichts Marseille führte er hierzu als Begründung aus: Die französische Niederlassung trug zwar das Geschäftsrisiko aus ihrer Versicherungsaktivität, der gesamte Versicherungsschutz lag jedoch in Dänemark. Ebenso wurden die in Frankreich von den Maklern akquirierten Kundenverträge weitgehend mit der dänischen Gesellschaft abgeschlossen. Die Arbeitnehmer der „Succursale“ hatten nicht die Aufgabe, eine eigene Kundschaft zu entwickeln und verfügten auch nicht über eine wirkliche kommerzielle Autonomie, womit auch das Bestehen einer eigenen Kundschaft entfiel. Von einer unentgeltlichen Übertragung eines Kundenstammes konnte damit nicht ausgegangen werden.

Dem Urteil des Berufungsgerichtes Marseille lag damit kein Rechtsfehler zugrunde.